Hand anlegen

 

Im Jahre 1999 vollendeten rund 2000 freiwillige Helferinnen und Helfer den Bau der „Alten Försterei“, des Stadions von Union Berlin. Sie investierten rund 140.000 Arbeitsstunden Zeit, um den Umbau finanzierbar zu machen.

 

Beispiele für Eigeninitiativen solcher Art gibt es bereits aus früheren Zeiten, so vom groß aufspielenden Verein aus einem Vorort Hernes, dem SV Sodingen. Ehemalige Spieler des einstigen Oberligavereins aus dem Ruhrgebiet erinnern sich, wie sie das schöne Stadion selbst gebaut haben, eine echte Maloche:

 

„Haben wir alles selber gemacht. Das war so Aschenbeton, fünf Teile Asche, ein Teil Beton, die Mauern hochgezogen damit und den Platz fertiggemacht. Das war eine Arbeit, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.“

 

Auch im östlichsten Bundesland Österreichs, im Burgenland, legten Fussballverrückte selber Hand an, um ihrem Hobby frönen zu können. In Bonisdorf, so Margit Kirnbauer in ihren Kindheitserinnerungen, gab es keinen eigenen Sportplatz, nur eine Spielwiese von etwa 200 Quadratmetern. Dort übten die Kinder mit Lehrer Reisinger, der viel neuen Wind ins Dorf gebracht hatte. Durch sein Engagement wurde der Sportplatz auf rund 600 Quadratmeter vergrössert. Hatten die Knaben früher auf der Straße beim Rüsthaus Fussball gespielt, konnten sie sich nun auf ebener Fläche austoben:

 

„Schulentwachsene, verheiratete Männer, einschließlich Lehrer und Bürgermeister, tummelten eifrig hinter dem Leder her. In die Bonidsorfer Sportgeschichte ging jener Fussballkampf ein, als der Schulleiter mit seinen Schülern im August 1959 den Rest von Bonisdorf mit 5:0 besiegte.“

 

Der Fussball führte also Jung und Alt zusammen, wobei es für die jüngeren Sportsfreunde eine besondere Genugtuung war, gegen die Arrivierten des Dorfes zu gewinnen, und dies erst noch in dieser Deutlichkeit! Die Kinder und Jugendlichen arbeiteten unermüdlich an der Vergrößerung des Sportplatzes, rodeten und planierten einen Hügel. Nun konnten sie auch Wurf- und Laufübungen machen. Die Sprunggrube sorgte ebenfalls für Sportgeist. Der Sportplatz, initiiert von Lehrer Reisinger, wurde zum Treffpunkt der lokalen Jugend.

 

Auch für die Schweiz gibt es Beispiele für jugendliche Eigeninitiative. Mein Vermieter Bruno Ochsner etwa erzählte mir, wie die Klosterschüler des Gymnasiums Engelberg in den 1960er Jahren im Winter ein Eisfeld anlegten, um darauf Eishockey zu spielen. Ähnliches taten auch Davoser Kinder und Jugendliche. Der spätere Eishockeyinternationale Walter Dürst, geboren 1927, erinnert sich, wie er und andere Davoser Knaben mit selbstgebastelten Stöcken Eishockey gespielt haben. Als Puck diente ein gefrorener „Rossbolla“.

 

„Bei unserem Haus gab es zur Strasse hin ein grosses, halbrundes Kellerfenster, das sich hervorragend als Goal eignete. Wir spielten auf der Strasse, das war kein Problem, denn es herrschte ja noch fast kein Verkehr. Das war der Ursprung meiner Eishockey-Karriere.“

 

Zwölf Knaben taten sich zusammen und spielten regelmässig gegen andere Teams. Fast alle trugen den „Kanadier“ im Namen: „Landwasser-Kanadier“, „Talstrasse-Kanadier“. Kanada war damals im Eishockey das Mass aller Dinge.

 

„Damit wir echt aussahen, klebten wir auf unsere Liibli hinten eine Nummer auf. Vorne stand bei allen „Davos“ drauf, das musste sein. Manchmal gingen Leute vorbei und schauten uns beim Spielen zu. Wenn wir Glück hatten, spendierten sie gar einen Batzen in unser Kässeli.“

 

Quellen:

Kirnbauer, Margit. Bensdorp um einen Schilling. Eine Kindheit im Burgenland. Graz 2003.

Lindner, Rolf und Heinrich Th. Breuer. „Sind doch nicht alles Beckenbauers“. Zur Sozialgeschichte des Fussballs im Ruhrgebiet. Frankfurt am Main 1979.

Scherrer, Claudia (Hg.). Damals in Davos. Kindheitserinnerungen. Oberengstringen 2010.

 


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