BRÄNDLES BALLBERICHT


 

Plötzlich Profi

Schweizer Fussballer in der deutschen Bundesliga der 1970er und 1980er Jahre

 

Fabian Brändle

 

Wir Schweizer schauen interessiert auf den deutschen Vereinsfussball und freuen uns, wenn dort die helvetischen Kicker gute Leistungen abrufen. Ob Cedric Brunner in Bielefeld, Nico Elvedi in Mönchengladbach, Admir Mehmedi in Wolfsburg: Wer in der Bundesliga zum Stammspieler reift, wird bald auch in die Nationalmannschaft, die „Nati“, berufen.

Die Anfänge waren indessen bescheiden. In den 1970er und 1980er Jahren schaffte kaum je ein Schweizer den Sprung in die Bundesliga. Damals, lange vor dem Bosman-Urteil, waren allerdings auch erst zwei Ausländer pro Team zugelassen. Diese Plätze waren vorzugsweise mit Dänen oder mit Österreichern besetzt. Und die Schweizer Lehrlinge waren noch Halbprofis, gingen sie doch in der Regel noch einer Teilzeitarbeit nach. Kein Wunder also, dass sie weder athletisch noch konditionell mithalten konnten mit den robusten, laufstarken Einheimischen. Von drei Fussballern weiss ich trotzdem, dass sie nördlich des Rheins Arbeit suchten und fanden – und sich schwer taten: Kurt „Kudi“ Müller, René Botteron und Andy Egli.

Kurt „Kudi“ Müller, Inhaber eines Sportgeschäfts in seiner Heimatstadt Luzern, war ein Pionier der Schweizer Fussballlegionäre. Der Innerschweizer wechselte im Jahre 1972 zu Hertha BSC Berlin, wo er an der Seite des Nationalspielers Erich Beer stürmte und einige Erfolge feierte, so die Vizemeisterschaft 1975. Kurt „Kudi“ Müller war durchaus torgefährlich und vermochte in über 70 Spielen immerhin 22 Tore zu erzielen. Nach dem Deutschlandabenteuer wechselte er zurück in die Schweiz zu Servette Genf.

Der Glarner René Botteron glänzte beim damaligen Spitzenclub FC Zürich. Mit langer Mähne dribbelte er schnell nach vorne und spielte dann mit dem Aussenrist halbhohe Pässe in den Strafraum zu Peter Risi, das war sein Markenzeichen. Wie „Kudi“ Müller war auch Botteron bereits Nationalspieler, als er in die BRD zum 1. FC Köln wechselte und dort auf Anhieb einschlug, sogar Ecken direkt verwandelte (Aussenrist…), aber nicht konstant genug war. Deshalb wechselte er nach Belgien zu Standard Lüttich und erreichte mit den Flamen sensationellerweise ein europäisches Endpiel, als erster Schweizer Fussballer. Nicht allzu viele sollten ihm folgen (zum Beispiel Sforza, Chapuisat, Henchoz). Wieder zurück in der Schweiz beim FC Basel, wurde er als erfahrener, immer noch schneller Aussenverteidiger nochmals Nationalspieler. Botteron kämpfte oft mit Verletzungen. Nach der Karriere wurde er Ausläufer einer Bank.

Etwas jünger als die Genannten war Andy Egli, als er in die Bundesliga zum BVB Dortmund wechselte. Egli, der zweikampfstarke, etwas eckige Vorstopper, war kopfballstark und sogar torgefährlich, was er auch bei Paul Wolfisbergs „Wölfen“, der „Nati“ also, unter Beweis stellte. Er verteidigte vor seinem Transfer für GC Zürich. In Dortmund konnte er sich bei den damals noch nicht so starken Gelbschwarzen nicht ganz durchsetzen, seine in der Schweiz so gefürchtete Härte war für die ungleich härtere Bundesliga nicht überdurchschnittlich ausgeprägt. So wurde der gelernte Verteidiger auch als Mittelstürmer, als Brecher ganz vorne, eingesetzt, erzielte aber für diese Position allzu wenige Tore. Nach zwei schwierigen Jahren kehrte Andy Egli zurück in die Schweiz zu GC. Nach seiner langen Karriere wurde er nochmals bekannt, als er eine eher linksorientierte Fussballergewerkschaft (Profoot) gründete. Als Trainer hatte er aber kaum Erfolg, auch nicht bei Waldhof Mannheim.

 


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