BRÄNDLES BALLBERICHT


 

Subbuteo, Subbuteo, Subbuteo, Subbuteo, oooooooooh, Subbuteo

(zu singen nach dem Refrain des Welthits „Macarena“, Los del Rio 1993)

 

Fabian Brändle

 

Alle Welt kennt den „Kicker“, wie er südlich der Mainlinie genannt wird (oder auf schweizerisch den „Töggelikasten“). Viele kennen „Tipp-Kick“, jenes Fussballspiel zwischen zwei metallenen Kickern in Rot-Weiss und Schwarz-Gelb, die so melancholisch in die Welt blicken. Nur wenige jedoch kennen „Subbuteo“, das beste Spiel der Welt, wie so Vieles eine englische Erfindung aus der Zwischenkriegszeit (1918 – 1939), kreiert vom eigenwilligen Spielerfinder Peter Adolphi.

Die elf relativ kleinen Spielfiguren je Mannschaft stehen Stehaufmännchen gleich auf einem Sockel, den man mit dem Zeigefinger anschnippen kann. Zuerst der Angreifer, dann jeweils der Verteidiger (Verteidigungszug), der weder Ball noch einen gegnerischen Spieler berühren darf (Foul). Maximal dreimal hintereinander darf derselbe Spieler den Ball nach vorne treiben, dann muss er passen oder schiessen. Diese sinnvolle Regelung verhindert endlose Dribbelei und fördert gepflegtes, ansehnliches Pass- und Kombinationsspiel. Geschossen werden darf nur innerhalb eines genau definierten Schusskreises, diese Regel verhindert ein reines Weitschussspiel. Der Sockel erlaubt Schneiden und „Schnippeln“ wie beim Tischtennis. Gute Spielerinnen und Spieler wie der ehemalige vielfache Schweizer Weltmeister Hoffmann hauen aus ca. 40 cm fast jeden Ball in den Winkel. Das kann und muss man freilich üben, wenn man ein Champion werden will, ist aber auch Talentsache. Auf das Fingerspitzengefühl kommt es jedenfalls ebenso an, ganz so wie beim Billard.

In England war Subbuteo von den 1950er bis in die 1980er Jahre hinein sehr populär, fast jeder Haushalt besass ein Grundset mit „Rasen“, zwei Toren, zwei Torhütern (nicht so toll gemacht wie beim „Tipp-Kick“), 22 Spielern, Eckballflaggen und verhältnismässig grossen, orangenen Bällen. Sehr schön gemacht waren die diversen Accessoires, beispielsweise die Tribünen, die vier Flutlichtmasten, Pokale, Trainerbänke samt Personal. Seine Lieblingsmannschaft konnte man im Fachgeschäft bestellen. So wurden handbemalte Spieler aus aller Welt angeliefert. Die Arbeiterinnen freilich verdienten nicht so viel. Heutzutage sind schöne alte Ausgaben von West Bromwich Albion oder von West Ham United Sammlerstücke. Bei Sammlerinnen und Sammlern besonders beliebt sind übrigens die kleinen Figuren des FC Zürich. Nicht, weil der FCZ damals international besonders erfolgreich war, sondern weil sie ganz in Weiss gehalten waren. Das ermöglicht Selbstbemalen oder auch ruchlose Fälschungen alter Teams.

Ich selbst bekam etwa mit neun Jahren ein Subbuteo-Set auf Weihnachten geschenkt. Ich kaufte diverse Mannschaften dazu, war bald ein begeisterter, nicht gänzlich talentfreier Spieler. Leider teilten meine Kameraden im Dorf meine neue Leidenschaft kaum, am Ehesten noch die Gimmi-Brüder Rolf und Urs. So sah ich mich gezwungen, oft alleine zu spielen, ich gegen mich. Ich spielte alte Weltmeisterschaften und Europameisterschaften nach, wobei die Schweizer „Nati“ stets qualifiziert war und besonders erfolgreich abschnitt. Im Jahre 1954 wurden natürlich die Ungarn, nicht die Deutschen Weltmeister im legendären „Wankdorf“ zu Bern. Rahn hat zwar auch aus dem Hintergrund geschossen, das Tor aber deutlich verfehlt (man kann auch daneben zielen). So verdrehte ich die Sportgeschichte nach meinem Gusto, war ein wenig Lord of the Sportsmen. Das machte Spass und förderte die Phantasie. Und Subbuteo macht die Hände geschickt, so ganz nebenbei. Das kann man als Teenager beim Billard und beim Snooker gebrauchen. Und noch später beim Fummeln.

 


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